Historie Fachbereich
Design

Hochschule Niederrhein. Dein Weg.

Die Vorgeschichte des Fachbereichs

Autorin: Dr. Roswitha Hirner

Texte und Bilder sind dem Katalog »Staffellauf« entnommen  – erschienen zu der gleichnamigen Ausstellung, die anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Fachbereichs Design im Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld im Jahr 2004 kuratiert und gezeigt wurde. 

Krefeld hatte im Jahr 1887 eine Einwohnerzahl von 100.000 erreicht und war somit Großstadt geworden. Seine rührige und wache Bürgerschaft, die sich in unzähligen Vereinen politisch, wirtschaftlich, sozial und vor allem  kulturell engagierte, hatte schon 1860 einen »Handwerker- und Bildungsverein« gegründet. Das Kaiser Wilhelm Museum, das 1897 eröffnet wurde, war ihm zu verdanken. Die Notwendigkeit eines Museums hatte sich im Zusammenhang mit Ausstellungen des Krefelder Kunsthandwerks erwiesen.

»Diese Kunsthandwerkerausstellungen zeigten profane und kirchliche Geräte, Schmiedearbeiten, Porzellanmalereien, Innendekorationen, Möbel, Bildhauerarbeiten und Knüpfteppiche.«

»Die Breitenstreuung war groß. Es handelte sich immer um Gegenwart.«

»Praktische Ziele des Museums waren, Vorbild und Erziehung für das Kunsthandwerk zu liefern.«1

Kunsthandwerk und Kunstgewerbe – beides sind Begriffe, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden waren, nachdem vor allem englische Kritiker wie John Ruskin die Stillosigkeit der Industrieprodukte der Öffentlichkeit bewusst gemacht hatten. So wurde das oberste Ziel der Kultur- und Wirtschaftsreformer, »das kunstlos gewordene Gewerbe durch Kunst zu reformieren« (so Hermann Muthesius 1907, als er zum Referenten für die preußischen Kunstgewerbeschulen ernannt worden war).

Anschauungsmaterial zu »Vorbild und Erziehung« war in Krefeld also bereits vorhanden, es fehlte nur noch die passende Ausbildungsstätte für die Kunsthandwerker, wie sie als »Kunstgewerbeschulen« in anderen deutschen Großstädten längst selbstverständlich waren.
Der erste Direktor des Kaiser Wilhelm Museums, Friedrich Deneken, war einer der Betreiber einer Kunstgewerbeschul-Gründung. Er lud um die Jahrhundertwende den berühmten Henry van de Velde ein (ab 1906 Direktor der Weimarer Kunstgewerbe-
schule), wohl auch, um dessen Rat für eine solche Schule einzuholen. Schon im Jahre 1899 wurde in Krefeld die »Paritätische Gewerbliche Schule« gegründet, die drei Einrichtungen umfasste:

– eine städtische gewerbliche Tagesschule (bereits bestehend seit 1887)
– eine städtische gewerbliche Fortbildungsschule mit Fachklassen
– eine städtische Zeichenschule für Volksschüler

Leiter dieser Schule, der Vorgängereinrichtung der Handwerker- und Kunstgewerbe-
schule, war Carl Wolbrandt, ein Architekt. Die damals reiche Samt- und Seidenstadt Krefeld leistete sich in den neunziger Jahren bis in den Ersten Weltkrieg hinein viele öffentliche Bauten, zu denen für die neue Schule im Jahre 1903 das Gebäude Ecke Petersstraße / Neue Linner Straße hinzukam, in dem bis heute unterrichtet wird. Es war in historisierenden Architekturformen mit Renaissancegiebel und -erker errichtet, und unter einem schwungvollen spätgotischen Kielbogen betrat man das Haus. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, in den 50er Jahren etwas erweitert wieder aufgebaut, zeigt sich heute nur noch die Fassade an der Neuen Linner Straße in der ursprünglichen Form. (Heute – 2016 – ist das Gebäude abgerissen, es wird ein Neubau entstehen, die genannte Fassade jedoch wurde erhalten.)

Aus der »Paritätischen gewerblichen Schule« ging auf Betreiben vor allem des Krefelder Innungsausschusses im Jahre 1902 schließlich die »Handwerker- und Kunstgewerbeschule zu Crefeld« hervor, an deren Kosten sich nach einem im April 1904 zwischen Stadt und Staat ausgehandelten Vertrag seit dem 1. Oktober 1904 auch der Staat beteiligte. Die Aufsicht über die Schule lag beim Ministerium für Handel und Gewerbe. Der 1. Oktober 1904 gilt allgemein als das Gründungsdatum der Schule.
 
Roswitha Hirner

1902 Die »Gewerblichen Schulen« der Stadt Krefeld richten eine Kunsthandwerkerklasse mit Tages- und Abendschulbetrieb ein.

1903 Selbstständige »Handwerker- und Kunstgewerbeschule« neben der gewerblichen Fortbildungsschule
25. April: Übergabe des neuen Schulgebäudes Petersstraße 123 durch Oberbürgermeister Dr. Hammerschmidt an Carl Wolbrandt, den ersten Direktor der neuen Schule.

1904 30. April/16. Juni: Vertrag zwischen der königlichen Staatsregierung und der Stadt Krefeld betr. die Einrichtung und Unterhaltung einer Handwerker- und Kunstgewerbeschule, der am 1. Oktober in Kraft tritt (dieser Termin gilt als Gründungsdatum). Danach beteiligt sich der Staat an der Schule zu einem Teil finanziell, dem Ministerium für Handel und Gewerbe obliegt die Aufsicht. Erste Ausstellung der Schule: »Linie und Form« im Kaiser Wilhelm Museum.

Lehrende 1904–1933
Paul Bausch
Peter Bertlings
August Biebricher
Jens Boysen
Laurens Goossens
Johannes Harder
Raimund Jahn
Richard Kieser
Caspar Lennartz
Gustav Mörl
August Nielsen
Julius de Praetere
Georg Schreiber
Julius Svensson
Jan Thorn-Prikker
Carl Wolbrandt
Ludwig Zaiser

1907 Gründung des Deutschen Werkbunds. Fast alle Lehrenden der Handwerker- und Kunstgewerbeschule Krefeld (Biebricher, Boysen, Harder, Jahn, Mörl, Svensson und Wolbrandt) zählen zu den Mitbegründern.

1911 Ausstellung des Deutschen Werkbunds: »Gewerbe-, Industrie- und Kunstausstellung zu Crefeld« im Kaiser Wilhelm Museum, gestaltet von August Biebricher und dem übrigen Lehrerkollegium. Teilnahme aller Abteilungen der Schule.

1914 Beginn des Ersten Weltkriegs, viele Lehrer werden eingezogen. Der Unterricht wird von Peter Bertlings, Ludwig Zaiser und durch Vertretungen und Aushilfen aufrecht erhalten.

1918 Sommersemester:  39 Vollschüler (Frauenanteil 12), 33 Halbtagsschüler (Frauenanteil 16), 301 Abendschüler (Frauenanteil 73).

1922 Erste ausländische Studenten schreiben sich ein, aus Russland, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien.

1923 Ausstellung von Lehrer- und Schüler-Arbeiten im Kaiser Wilhelm Museum.

1924 Direktor Paul Wolbrandt stirbt. Prof. Johannes Harder übernimmt stellvertretend die Leitung der Schule.

1926 Prof. Caspar Lennartz, Architekt, bisher Direktor der Kieler Kunstgewerbeschule, wird zum neuen Direktor berufen.

1933 Reichsweite Diskussion über die Aufgaben der Kunstgewerbeschulen: Nicht mehr Gestalter, sondern tüchtige Handwerker sollen ausgebildet werden. Namensänderung der Schule durch ministeriellen Erlass in »Handwerksschule für bau- und kunsthandwerkliche Berufe«.

Lehrende 1933–1945
Paul Bausch
Peter Bertlings
Walter Breker
Laurens Goossens
Caspar Lennartz
Karl Stickelbrocks
Hans Stierhoff
Ludwig Zaiser

1934 Die Abteilungen Architektur, Bildhauerei und Keramik werden geschlossen. Konsequente Strangulierung der Schule. Nur Handwerks-Abteilungen dürfen bestehen bleiben. Fünf von sieben »Künstler-Lehrern« werden entlassen.

1938 Namensänderung durch ministeriellen Erlass in: »Meisterschule des Deutschen Handwerks, staatlich unterstützte städtische Fachschule für Tischlerei, Malen, Grafik, Flächenkunst und Metall«. Reduzierung der Lehrer-Planstellen auf fünf.

1939 Die ersten Lehrer und Schüler werden eingezogen. Der Unterricht wird durch Vertretungen und Aushilfen aufrecht erhalten.

1943 22./23. Juni: Starke Beschädigung des Gebäudes Petersstraße 123 durch Bomben. Der Unterricht wird im Herrenhaus von Burg Linn weitergeführt. Prof. Lennartz tritt als Direktor zurück. Umbenennung der Schule in: »Meisterschule für das gestaltende Handwerk«.

1944 1. August: kein Unterricht mehr möglich.

1945 11. Januar weitgehende Zerstörung des Gebäudes Petersstraße 123.

1948 Prof. Stephan Hirzel leitet für einige Monate die Schule.

Lehrende 1949–1971
Hans-Joachim Albrecht
Vilibald Barl
Paul Bausch
Heinz Behrendt
Peter Bertlings
Ellen Birkelbach
Walter Breker
Norbert von Chamier Glisczinski
Thomas Dawo
Paul Dresler
Josef Ehren
Joseph Fassbender
Klaus Fleischmann
Gustav Fünders
Julio Girona
Heinrich Gillis Görtz
Laurens Goossens
Hubert Griemert
Roswitha Hirner
Stephan Hirzel
Wilhelm Holzhausen
Gerhard Kadow
Günther C. Kirchberger
Paul Kuff
Karl-Heinz Modigell
Friedbert Obitz
Detlef Orlopp
Jürgen Pahl
Wolfgang Rathke
Helmut Schwarze
Wolfgang Slansky
Heinrich Stappmann
Robert Steiger
Karl Stickelbrocks
Ernst-August Sundermann
Hein Wimmer
Fritz. G. Winter
Ludwig Zaiser
Waltraut Zaiser

1949 Prof. Fritz G. Winter, Architekt, übernimmt die Leitung der Schule; Umbenennung in »Werkkunstschule«. Prof. Winter wird Vorsitzender der »Arbeitsgemeinschaft der Werkkunstschulen in der Bundesrepublik Deutschland«.

1954 Ausstellung »50 Jahre WKS Krefeld« im Kaiser Wilhelm Museum.

1965 Ausstellung »Integral«, Gebäude Petersstraße 123.

1970 »Krefelder Modell« – Erster Versuch einer demokratischen Selbstverwaltung nach den Studentenunruhen seit 1968. Tagung im Werkkunstschul-Gebäude unter dem Motto: »Design: Theorie, Lehre Praxis«.

Lehrende 1971–2004
Hans-Joachim Albrecht
Vilibald Barl
Silvia Beck
Rainer Bergmann
Hanne Dore Bickerich
Monika Brandmeier
Norbert von Chamier Glisczinski
Dieter Crumbiegel
Thomas Dawo
Günter Dohr
Klaus Fleischmann
Heinrich Gillis Görtz
Boris Gorin
Bernd Grahl
Monika Hagenberg
Gerhard Hahn
Helmut Hahn
Roswitha Hirner
Wolf Karnagel
Gudrun Kemsa
Günther C. Kirchberger
Thomas Klegin
Volker Lehnert
Karl-Heinz Modigell
Friedbert Obitz
Detlef Orlopp
Wolfgang Rathke
Angelika Rösner
Rolf Sachsse
Ursula Scherer
Wolfgang Slansky
Heinrich Stappmann
Robert Steiger
Jochen Stücke
Ernst-August Sundermann
Fritz Vehring
Manfred Vogel
Georg Wagner
Fritz G. Winter
Peter Wörfel
Waltraut Zaiser

1971 Eingliederung der WKS in einen von acht Fachbereichen als: »Fachbereich Design der Fachhochschule Niederrhein« in die neu gegründete Fachhochschule. Die Trägerschaft geht ganz auf das Land Nordrhein-Westfalen über, die Zuständigkeit liegt beim Ministerium für Wissenschaft und Forschung. Die Bereiche Architektur und Innenarchitektur (45% der Schule!) werden zur Fachhochschule Düsseldorf verlegt (»wegkonzentriert«). Die Anzahl der Studierenden schrumpft auf 217. Es verbleiben die Bereiche Grafik-Design, Industrie-Design, Keramik-/Porzellan-Design und Objekt-Design.

1974 Erlass einer Prüfungs- und Studienordnung, in der das Studium qualitativ und quantitativ geregelt wird.

1976 Aufbau des Studienschwerpunktes Textil-Design.

1977 Ausstellung von Studentenarbeiten im Museum Haus Lange in Krefeld »Design in  Krefeld '77«.

1979 Verlegung des Bereichs Industrie-Design nach Essen; Feier des 75-jährigen Jubiläums mit einem Tag der offenen Tür in der Petersstraße 123.

1989 Auszug der Bereiche Keramik-/Porzellan- und Textil-Design in das Hochschul-Gebäude Frankenring 20, ehemals Textil-Ingenieurschule (seit 1971 in Mönchengladbach).

1982 Neue Prüfungs- und Studienordnung.

1984 Anschaffung des ersten Computers.

1994 90 Jahre Fachbereich Design – Tag der offenen Tür, Ausstellung »Luftschlösser und U-Boote«.

1996 Kooperation mit ausländischen Hochschulen in Dundee (Schottland), Rovaniemi (Finnland) und Gent (Belgien).

1997 Internetpräsenz des Fachbereichs. Die Studienrichtung »Grafik-Design« wird aufgehoben, es gibt jetzt den Studiengang »Kommunikations-Design«. Neue, an die sog. Eckdatenverordnung angepasste Prüfungs- und Studienordnung.

2001 Kampf um den Studiengang Kommunikations-Design. Dieser wird schließlich – zusammen mit Produkt-Design – integriert in einen alles umfassenden Studiengang Design. Umbenennung der Fachhochschule in Hochschule Niederrhein.

2004 »Staffellauf – Design von Krefeld aus« – Ausstellung im Kaiser-Wilhelm-Museums anlässlich des 100 jährigen Bestehens des Fachbereiches Design.

Lehrende ab 2006
Silvia Beck
Nicolas Beucker
Boris Gorin
Bernd Grahl
Nora Gummert-Hauser
Gerhard Hahn
Richard Jung
Gudrun Kemsa
Thomas Klegin
Thorsten Kraus
Kerstin Plüm
Sigrun Prahl
Angelika Rösner
Erik Schmid
Susanne Specht
Jochen Stücke
Georg Wagner

2006 Der Standort an der Peterstraße wird aufgegeben. Alle Studienausrichtungen finden nun Raum im dem denkmalgeschützten Gebäude von Bernhard Pfau am Frankenring 20.

2007 Der Bologna-Prozess ändert die Hochschullandschaft gewaltig und auch in Krefeld wird der erste 6-semestrige- Bachelor-Studiengang »BA Design« und der erste 4-semestrige Master-Studiengang »MA in Design Projects« akkreditiert. Der Diplomstudiengang läuft aus. Die Diskussionen um das neue Studienmodell sind anhaltend und die Kritik daran ungebrochen.

2009 Im Zuge der Reakkreditierung wird eine Umstellung vorgenommen: Der Bachelor wird nun 7-semestrig und der Master-Studiengang wird 3-semestrig angeboten. Die Praxisphase im Bachelor wird ausgedehnt auf ein einsemestriges Praxis- oder Auslandssemester.

2013 Am Frankenring findet die Ausstellung »Vision und Perspektive – Krefelder Baukultur von Bernhard Pfau« vom 15. Juni–9. August statt. Umfangreich und interessant wird das ganze Gebäude von dem Team um Nicolas Beucker und Christiane Lange in die Ausstellung miteinbezogen.

2014 finden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen im denkmalgeschützten Gebäude statt. Die Glasfassade zum Garten hin wird komplett nach energetischem Sanierungs-Konzept wieder hergestellt. Die Baumaßnahmen dauern, Baumängel werden mit Verzögerung bearbeitet und behindern das Arbeiten am Frankenring. Das Haus wird eingerüstet und der Garten ist bis zum Abschluss der Maßnahmen nicht mehr zu benutzen.

2015 Im Herbst findet das VIERTELPULS-Festival statt. Initiiert und konzipiert wurde es vom Kompetenzzentrum Social Design und designkrefeld-Studierenden, in Kooperation mit der UNS (Urbane Nachbarschaft Samtweberei), der Stadt Krefeld und der Landesinitiative StadtBauKultur NRW.

2016 Es findet eine Restrukturierung der Studiengänge statt und die Akkreditierung wird für zwei getrennte Studiengänge: den Studiengang »BA Kommunikationsdesign« und »BA Produkt-und Objektdesign« beantragt. Am Fachbereich Design studieren insgesamt rund 600 Studierende.